Unheimliche Dunkelheit

 

Es ist dunkel draußen. Mein Fahrer macht sich fertig. Er wird doch nicht, doch er macht es. Er rollt mich aus seiner Höhle. Meine erste richtige Nachtfahrt. Ich bin aufgeregt.
Die Lampen werden in die kleinen Halter geschoben und eingeschaltet. Hinten ist in Ordnung. Das Lauflicht sollte zu sehen sein. Vorne, ich weiß nicht. Gesehen werden sollte OK sein, aber selbst etwas zu sehen ist kaum möglich.
Mein Fahrer dirigiert mich über einen schmalen Weg. Ich kann fast nichts sehen. Er gibt mir ein Tempo vor, das ich selbst nie einschlagen würde. Ich fühle mich unsicher und überfordert. Aber ich glaube, daß er den Weg kennt. Wir weichen Pfützen und Schlaglöchern aus und ziehen unsere Bahn durch die Dunkelheit. Pfützen und Schlaglöcher ausweichen, niemand kann sehen, wo hier auf diesem Weg Pfützen und Schlaglöcher befinden.
Ich bekomme Angst. Ich denke über meine, unsere Situation nach.
Ist das möglich, es erscheint mir abwegig, aber es ist eine Erklärung. Ich versuche es selbst. Ich konzentriere mich nicht auf meine beschränkte „direkte“ Sicht. Ich denke mir meinen Weg. Meine Wahrnehmungsfähigkeit ist bis auf das Äußerste angestrengt. Ich bewege mich in einer Schattenwelt. Man erahnt Hindernisse mehr, als das man sie sehen könnte. Man ist Abhängigkeit von seiner Intuition. Der Reiz ist das Vertrauen, das man in die eigenen Gefühle haben muß, man ist abhängig von ihnen.
Alleine würde ich mich noch nicht trauen, da mir noch die Erfahrung fehlt. Ich kann eine Gefahrensituation noch nicht „fühlen“, bevor ich sie sehe. Aber ich vertraue meinem Fahrer. Er macht den Eindruck, daß er weiß was er tut und besonders schnell sind wir zum Glück auch nicht.
Wir verlassen diesen dunklen Radweg. Einerseits bin ich froh wieder im Licht zu sein, andererseits vermisse ich dieses Gefühl.
Wir fahren eine lange Steigung hinauf. Ich gebe zu, ich freue mich schon auf die Rückfahrt.

Wir fahren in einen fremden Hof. Er steigt ab und er schließt mich an einen Pfosten unter einem Dach. Dann läßt mich mein Fahrer allein.
Später taucht ein Fremder auf. Er will mit seinem Auto unter dieses Dach. Er steigt aus und will mich wegstellen. Die Berührung des Fremden war unangenehm. Es ist etwas anderes, von meinem Fahrer berührt zu werden. Seine Berührungen sind anders, weicher, sicherer und … ja, zärtlicher. Der Fremde ist sehr erstaunt, als er merkt, daß ich mich nicht wegstellen lasse. Er begnügt sich damit, mich nur auf die andere Pfostenseite zu drehen. Ich gebe zu, ich habe vor Schadenfreude innerlich gegrinst.
Welches Recht hat er, mich zu berühren? Wer gibt ihm das Recht mich einfach umzusetzen?
Es wird langweilig. Aber da nähern sich Stimmen. Ich erkenne die Stimme meines Fahrers, aber er geht an mir vorbei und verschwindet in dem Haus.
Da taucht er wieder auf. Er hat nur seine Sachen geholt. Wieso müssen die Menschen immer Sachen mitnehmen?
Wir fahren nach Hause. Es ist der Weg zu dem langen Gefällstück, leider bremst mein Fahrer das Tempo immer wieder ein. Ich sehe ein, es ist vernünftiger, die Sicht ist zu schlecht.

Wieder holt er mich in seine Höhle. Ich bin stolz, er teilt seine Höhle mit mir.
Dabei steht draußen sein altes Fahrrad. Wir haben uns kurz unterhalten. Es ist ein seltsames Rad. Es ist von allem etwas und nichts richtig, es hat den Anschein als ob es nicht ganz zusammen paßt.


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